einsame insel? es gibt sie wirklich!
Nusa Lembongan, Bali | Mai 2023 | Autor: Dominik | Bilder: Andrea
Die «Bikini» wartet auf ihre Gäste. Der einzigartige Name des am langen Holzsteg angelegten Schiffs gibt einen Hinweis darauf, welche Kleidung wir die nächsten Tage tragen werden: den Bikini und die Badehose. Wir verlassen den Küstenort Labuan Bajo und fahren mit der «Bikini» rund eine Stunde aufs offene Meer hinaus. Dann, Land in Sicht! Eine kleine Insel mit einem wenige Meter hohen, grün bewachsenen Hügel und einem weissen Sandstrand lassen unsere Augen glänzen. Das Wasser, welches die Insel mit dem Namen «Le Pirate» umgibt, leuchtet hellblau und ist glasklar. Wir steigen von Bord und sind in unserem «Zuhause» für die nächsten 2 Nächte angelangt.
Nach einem stärkenden Curry beziehen wir unser «Zimmer». Die Energie des Mittagessens können wir gebrauchen. Unsere schweren Taschen müssen in den 1. Stock, welcher nur über eine hölzerne Leiter zu erreichen ist. Neben der Abstellfläche für unsere Taschen befindet sich in diesem 1. Stock lediglich eine Matratze – dafür aber mit Aussicht wie aus dem Bilderbuch: Zwischen unserem «Beach Hut» und dem Meer liegen lediglich 15 Meter Sandstrand. Eine Unterkunft wie aus dem Reisemagazin. Auf der Insel, auf welcher nur 30 weitere Gäste einen Schlafplatz haben, ist die Auswahl an Aktivitäten begrenzt: Sonnenbaden, Ping-Pong spielen, Lesen, am Strand spazieren, Kanu fahren und Schnorcheln. Die Liste ist abschliessend. WLAN gibt es nicht. Wir erkunden das farbenfrohe Riff mit Taucherbrille und Schnorchel und lassen uns anschliessend von der Sonne trocknen. Um 6 Uhr versendet die Sonne ihre letzten Strahlen, bevor sie hinter dem orange-goldenen Horizont verschwindet. Gleichzeitig schlürfen wir den letzten Schluck unseres Gin’s. Nach gegrilltem Thun-Fisch mit «Härdöpfelstock» gibt es Popcorn zum Nachtisch – zusammen mit einem schnulzigen Hollywood-Streifen. Die Mitarbeitenden der «Piraten»-Insel haben ein Outdoor-Kino aufgebaut: einen alten Beamer mit schlechter Auflösung, ein paar einfache Liegematten. Mit den Füssen im Sand, den Blick abwechselnd auf die Leinwand und in den Sternenhimmel gerichtet und den Händen im Popcorn-Sack raschelnd, wird jeder Film zum unvergesslichen Blockbuster. Die entdeckten Sternschnuppen sind lediglich Zugabe eines kitschigen Abends. Mit einem grossen Lächeln, darüber diesen tollen Ort entdeckt zu haben, schlafen wir mit dem Rauschen des Meeres, dem Rascheln der Palmenblätter und einer leichten Brise zufrieden ein.
Gut geschlafen haben wir jedoch nicht. Zu viele Eindrücke und eine zu ungewohnte Umgebung. Das Morgenessen mit feinem Granola, Eier, Früchten und balinesischem Kaffee ist aber eine Wucht. Vollends wach werden wir beim anschliessenden Schnorcheln. Früh morgens treffen wir zahlreiche Tiere an. Darunter zwei Schildkröten. Eine der zwei gepanzerten Meeresbewohner lässt sich trotz unserer Anwesenheit nicht von ihrem Frühstück abbringen. In aller Ruhe knabbert die rund einen Meter grosse Schildkröte an Meerespflanzen. In kürzester Entfernung schauen wir dem faszinierenden Tier minutenlang gebannt zu. Neben den Schildkröten begegnen wir an diesem Morgen vielen kleinen Riff-Haien. Ein etwas grösseres Exemplar dieser Gattung erspähen wir aus sicherer Distanz. Die «Baby»-Riff-Haie schwimmen flink im seichten Wasser hin und her und suchen nach Beute. Wir lassen sie in Ruhe; und sie uns auch. Den Tag verbringen wir mit Sonnenbaden, guten Büchern, Ping-Pong spielen, einer Kanufahrt dem Strand entlang und weiteren Schnorchel-Touren im Riff. Auf einer dieser Touren verfüttern wir alte Kräcker an einige gefrässige Fische. Den Sonnenuntergang schauen wir auf dem Schiffssteg der Insel. Rund zehn weitere Gäste wollen am selben Ort die letzten Sonnenstrahlen erhaschen. Ein junges deutsches Paar sitzt ganz vorne am Steg. Kaum ist die Sonne hinter dem Horizont verschwunden, nimmt er die Hand seiner Freundin, sagt ihr einige schöne Worte und geht anschliessend auf die Knie. Sie sagt «Ja». Überrascht von dem direkt vor unseren Augen ablaufenden Heiratsantrag knipst Andrea einige Bilder des einmaligen Moments. Das frisch verlobte Paar freut sich über die unerwarteten Fotos. Nach einem leckeren Cocktail an der Beach-Bar und einem schmackhaften Abendessen sitzen wir am Strand im Kreis. In der Mitte ein loderndes Lagerfeuer, in der Hand ein kühles Bier und ein Mitarbeiter der «Piraten»-Insel an der Gitarre. Zu Songs von Coldplay bewundern wir die zahlreichen Sterne und die Milchstrasse, welche bei der geringen Lichtverschmutzung der einsamen Insel besonders gut sichtbar sind. In dieser Nacht schlafen wir tief und fest – und erwachen erneut mit der tollsten Aussicht unserer Reise; dem direkten Blick aufs unmittelbar vor uns liegende hellblaue Meer.
Vor dem Morgenessen hunderte farbige Fische beim Schnorcheln beobachten zu können, ist schlicht der beste Start in den Tag. An das Frühstücken im Bikini und in der Badehose könnten wir uns gut gewöhnen. Wir geniessen das Strandleben und können es auch am dritten Tag auf der Insel kaum glauben, einen solch tollen Ort auf der Erde gefunden zu haben. Andrea gönnt sich eine junge Kokosnuss zum Trinken; anschliessend holen wir uns einen zweiten balinesischen Kaffee. Mit den Füssen im Sand schmeckt einfach alles noch ein wenig besser. Zur Abkühlung planschen wir im Meer. Dann ein letztes Mittagessen auf der Insel. Der Abschied von der «Piraten»-Insel fällt uns schwer. Auf dem Schiff zurück nach Labuan Bajo wird der liebgewonnene Strand am Horizont immer kleiner.
Labuan Bajo empfängt uns mit Aufräumarbeiten. Der 3-tägige ASEAN-Kongress ist zu Ende. Die Südostasiatischen Politiker haben sich auf den Heimweg gemacht. Wir holen uns für das Frühstück am kommenden Morgen zwei «Pain au Chocolat» aus unserer Lieblingsbäckerei und beziehen unser Hotelzimmer für die Nacht. Zwar legt in der Unterkunft noch ein DJ auf; aber wir sind so müde, dass wir nach dem Nachtessen unter die Bettdecke schlüpfen – in der Hoffnung, von der einsamen Insel zu träumen. In der Realität müssen wir früh aufstehen, die Taschen packen und zum Flughafen fahren. Unser Flugzeug nach Bali hebt pünktlich um 9.50 Uhr von der Rollbahn ab. Mit dem Blick über den atemberaubenden Komodo-Nationalpark denken wir an die wunderschönen zwei Wochen auf der Insel Flores nach. Es ist ein Ort, an den wir zurückkehren möchten. Ein Ort, der uns verzaubert hat und den wir für immer in unseren Gedanken und unserem Herzen mittragen werden.