Unterwegs im Komodo-Nationalpark: 3 Tage im und auf dem Wasser
Ruteng, Flores | Mai 2023 | Autor: Dominik| Bilder: Andrea
Es herrscht reges Treiben an den Check-In-Schaltern des Terminals für Inlandsflüge ab Bali. Hunderte von Leuten rollen ihre Gepäckstücke auf Wagen durch die Halle: Koffer, Kartons und ganze Möbelstücke werden an die Damen und Herren hinter den Schaltern überreicht. Wir stehen in der Schlange und wundern uns, was hier in Indonesien alles am Check-In aufgegeben wird. Nach einer laschen Sicherheitskontrolle suchen wir die Restaurants in der Abflughalle nach einem vegetarischen Mittagessen ab. Nicht ganz so leicht zu finden wie in den hippen Lokalen von Canggu. In der Abflughalle ist es laut und hektisch. Unzählige Leute warten darauf, ihr Flugzeug besteigen zu können. Die Tafel mit den Flugverbindungen listet zahlreiche Verspätungen auf. Auch unser Abflug verschiebt sich um knapp zwei Stunden. Aber wie uns meine Mutter vor der Reise gesagt hat: «Wartezeit ist geschenkte Zeit». Wir beobachten gespannt das Abfertigen der Flugzeuge sowie die vielen wartenden Menschen um uns herum. Als wir schliesslich vom Flughafen in Richtung der Insel Flores abheben, verabschiedet sich die Sonne hinter dem Horizont. Der Flug vergeht äussert schnell. Kaum in der Luft neigt sich die Flugzeugnase nach unten, um den Sinkflug einzuleiten. Die Landung auf Flores ist holprig. Der Pilot landet mit viel zu hoher Geschwindigkeit und muss kräftig auf die Bremsen treten. Fliegen in Asien ist und bleibt ein Erlebnis. Müde angekommen, essen wir in einem lokalen Restaurant noch eine Portion Reis mit Meeresfrüchten und schlüpfen anschliessend frühzeitig unter die Bettdecke.
Andrea entdeckte auf Google eine französische Bäckerei in Labuan Bajo, der geschäftigsten Stadt der Insel Flores. Hier, weit abgelegen von Bali, finden wir das bisher beste Brot auf Indonesien. Das Baguette schmeckt wie in Paris. Eine perfekte Stärkung für unsere anstehende 3-tägige Bootstour im Komodo-Nationalpark. Diese treten wir mit zehn anderen Personen an – vier Leuten aus Grossbritannien, zwei Australierinnen und vier Personen aus Deutschland, wobei jemand davon ebenfalls in Zürich lebt. Unsere Unterkunft für die nächsten zwei Nächte ist eine kleine Kajüte, ausgerüstet mit einem Bett und einem winzigen Bad – dafür mit Blick aufs Meer beim Aufstehen. Kaum aus dem Hafen von Labuan Bajo ausgelaufen, treffen wir kurze Zeit später beim ersten Halt unserer Tour ein. Ein Korallenriff mit hunderten Fischen in allen Farben. An diesem bunten Treiben gleich unter der Meeresoberfläche werden wir uns nie sattsehen können. Der Name des zweiten Stopps ist vielversprechend: «Manta Point». Nach einem schmackhaften Mittagessen springen wir von einem kleinen Beiboot – ausgerüstet mit Schnorcheln und Flossen – ins Meer. Und da sind sie: Wenige Meter unter uns schwimmt ein erster Manta Rochen. Mit seinen weit gefächerten Flossen – die eher an grosse Flügel erinnern – schwebt der Manta Rochen gemächlich und elegant durchs Wasser. Kaum haben wir den ersten Rochen entdeckt, folgen weitere Tiere. Einer nach dem anderen taucht aus der Dunkelheit des Meeres auf und schwimmt direkt unter und neben uns vorbei. Das Maul weit aufgerissen, nehmen sie den in der Strömung vorhandenen Plankton in sich auf. Hätten wir keinen Schnorchel im Mund, würden unsere Mäuler vor Staunen ähnlich weit offenstehen. Der Anblick dieser bis zu sechs Meter grossen Tiere ist atemberaubend. Beim zweiten Schnorchel-Gang klatscht ein Tier Andrea gar mit seiner Flosse ab. Unsere Nähe schien die als neugierig geltenden Manta Rochen keineswegs zu stören. Die Begegnung mit diesen majestätischen Meeresbewohnern ist eindrücklich und unvergesslich. Ohne GoPro Kamera ausgerüstet, existieren von unseren Schnorchelgängen keine Bilder; dafür geniessen wir diese Momente unter Wasser ohne Jagd nach dem besten Foto umso mehr. Nach einem weiteren Riff mit unzähligen Fischen und dem Besuch einer kleinen weissen Sandbank mitten im Meer machen wir uns mit dem Schiff auf in Richtung «Padar Island». Die Fahrt geht vorbei an mit Gras bewachsenen Hügeln, welche aus dem Meer ragen. Kurz vor Sonnenuntergang begegnet uns die zweite Schule von Delfinen an diesem Tag. Ein junges Tier springt dabei hoch und mit tollkühnen Drehungen aus dem Wasser. Ein Anblick, der jedes Mal unbeschreiblich ist. Nach einem ereignisreichen Tag auf und im Wasser geht es früh zu Bett. Am nächsten Morgen klingelt der Wecker um 4 Uhr.
«Padar Island» ist für ein bestimmtes Foto berühmt: Von einem leicht erhöhten Hügelzug sind gleichzeitig drei verschiedenfarbige Strände zu sehen – jeweils ein Strand mit schwarzem und weissem Sand sowie der «Pink Beach». Die Berühmtheit verschafft dem Aussichtspunkt hunderte Besucher, welche sich von dort den Sonnenaufgang und die Strände ansehen. Unser vor Anker liegendes Boot ist somit lediglich eines von in etwa 35 Schiffen in der Bucht. Trotz der zahlreichen Leute ist ein Sonnenaufgang in solch einem Naturparadies einfach ein magischer Start in den Tag. Nach dem Frühstück auf dem Boot besuchen wir den «Pink Beach». Farbpigmente roter Korallen geben dem Strand die pinke Farbe und somit seinen Namen. Wir schnorcheln im klaren hellblauen Wasser, laufen dem Strand entlang, bestaunen Muscheln in allen Formen und freuen uns, an einem Dienstagvormittag einen solch tollen Ort besuchen zu dürfen. Vor dem Mittagessen steuert unser Captain noch den «Turtle Point» an. Wir springen alle ins Wasser und machen uns auf die Suche nach Schildkröten. Es dauert einige Minuten bis wir ein Tier entdecken. Die Schildkröte scheint jedoch keine Lust auf menschliche Besucher zu haben. Mit langsamen, aber stetigen Bewegungen gleitet das Tier durch das Wasser, bis es sich unter einer Koralle verkriecht. Die bunte Flora und Fauna machen den Ort auch ohne Schildkröten zu einem der tollsten Riffe, welche wir je gesehen haben. Wir geniessen jeden Moment im Wasser. Und schliesslich zeigt sich kurz vor unserer Weiterfahrt noch eine zweite Schildkröte. Diese eindrucksvollen Tiere in freier Natur beobachten zu können, löst in mir ein unglaubliches Glücksgefühl aus.
Nach dem Mittagessen auf dem Schiff besuchen wir die Tiere, welche für die Namensgebung des Komodo-Nationalpark verantwortlich sind – die Komodowarane. Die bis zu 2,5 Meter grossen Echsen leben auf der Welt praktisch nur auf zwei Inseln innerhalb dieses Nationalparks. Von den 1500 auf der Insel Rinca lebenden Warane sehen wir bei unserem Trekking mit unserem Guide acht Tiere. Das Jüngste ist erst wenige Wochen alt und versteckt sich in einem ausgehöhlten Baum. Von den ausgewachsenen Tieren, welchen wir begegnen, müssen wir Abstand halten. Sie töten ihre Beute wie Hirsche oder Büffel mit einem Biss. Doch in der brütenden Mittagshitze bevorzugen es die Komodowarane faul auf der Haut zu liegen und uns lediglich argwöhnisch im Auge zu behalten. Auch wir kommen bei der Wanderung ins Schwitzen. Zur Abkühlung gibt es am späten Nachmittag ein Sprung ins Wasser – natürlich mit Schnorchel und Flossen. Ein weiteres knallbuntes Riff, das sich unter der Meeresoberfläche verbirgt. Zum Abschluss des ereignisreichen Tages können wir hunderte Flughunde beobachten, wie sie aus dem Mangrovenwald der Insel Kalong gleichzeitig aufsteigen, um nach Futter zu suchen. Die unzähligen Tiere fliegen während mehreren Minuten genau über unsere Köpfe hinweg. Müde und überglücklich legen wir uns ins Bett in der Kajüte, während das Schiff sich gemächlich auf den Wellen hin und her bewegt.
Der letzte Morgen auf dem Boot bricht an. Da unser Schlafrhythmus aufgrund der vielen beobachteten Sonnenaufgänge der vergangenen Tage etwas durcheinandergeraten ist, erwachen wir früh. Unser Schiff liegt direkt vor einer kleinen Insel vor Anker. Wir besteigen in der Morgensonne den höchsten Punkt der Insel. Die Sonne hat bereits zu Beginn des Tages viel Kraft, was uns zahlreiche Schweissperlen auf die Stirn treibt. Also ab ins Wasser. Nach einiger Zeit herrschte Aufregung. Einige Leute sichten kleine Riff-Haie nahe der Insel. Sofort machen wir uns auf die Suche nach ihnen. Wir suchen das Riff von vorne bis hinten ab; nichts. Also wechseln wir zum gegenüberliegenden Strand. Und noch nicht einmal im Wasser gleitet der erste junge Riff-Hai vor uns durch. Schnorchel aufgesetzt und reingehüpft – und schon erspähten wir einen Baby-Riff-Hai nach dem anderen. Mit etwa 50 Centimeter Länge müssen sie noch ziemlich jung sein. Die Haie schwimmen um uns herum, interessieren sich aber nicht weiter für unser Dasein. Beeindruckend, so nahe an diesen Tieren zu sein.
Nach diesen zahlreichen Highlights geht der Besuch des Komodo-Nationalparks in Labuan Bajo zu Ende. Wir verabschiedeten uns von der Schiffscrew und unseren Mitreisenden. Die hautnahen Begegnungen mit diesen vielen unterschiedlichen Tieren in deren Reich werden wir niemals vergessen. Der Komodo-Nationalpark – ein magischer Ort für alle Tierliebhaber.