Off the beaten Tracks auf Bali

Einmal von bali's süden in den Norden - und zurück!

Canggu, Bali | April 2023 | Autor: Dominik | Bilder: Andrea
 

Bali ist kein Geheimtipp. Das wussten wir. Die Menge an Menschen und das ungemein hohe Verkehrsaufkommen überraschten uns dann aber doch. In der zweiten Woche auf Bali machten wir uns zum südlichen Zipfel der Insel auf: Uluwatu. Ohne Erwartungen. Und erneut wurden wir überrascht. Uluwatu begrüsste uns mit leeren Strassen und einer überschaubaren Menge an Touristen. Der «Vibe» von Uluwatu zog uns bereits am ersten Abend in seinen Bann: Der «Bingin-Beach» erwartete uns mit Live-Musik, einem magischen Sonnenuntergang und einem Nachtessen direkt am Meer. Zu gecoverten Songs von Coldplay gabs indonesischen Reis und Nudeln auf Plastikstühlen. In Kombination mit dem Rauschen der Wellen und dem orange-goldenen Abendhimmel ein perfekter Start in Uluwatu. 

 

Leider zeigte sich in Uluwatu, dass die Regenzeit auf Bali noch nicht ganz vorüber war. Glücklicherweise hatten wir eine schöne Unterkunft gebucht. In dieser planten wir einige Aktivitäten für die kommende Zeit in Indonesien. Und sobald uns die Decke auf den Kopf fiel, wechselten wir für die Arbeit am Laptop in ein schönes Kaffee. Einen mit einem dünnen Schaum überdeckten Flat White findet man in Uluwatu genauso wie leckere Backwaren und hervorragendes Essen. Wir schlemmten uns durch zahlreiche Kaffees, asiatische und westliche Restaurants sowie lokale indonesische Warungs. Dazwischen besuchten wir Yogastunden und erkundeten, sobald die Sonne hinter den grauen Wolken hervorkroch, die Naturschönheiten der Halbinsel. Diese bestehen hauptsächlich aus wilden Stränden, kleinen versteckten Buchten und steil abfallenden Klippen. Das Meer in Uluwatu ist rau; die Wellen stürmen teilweise mehrere Meter hoch in Richtung Land bevor sie kurz davor in sich zusammenbrechen. Ein Naturschauspiel, an welchem wir uns kaum sattsehen konnten. Einige sehr fortgeschrittene Surfer wagten sich, den tosenden Wellen zu trotzen. Adrenalin für die Surfer, Unterhaltung für uns als Zuschauer. Die Abende liessen wir stets am Strand mit Blick auf die untergehende Sonne verstreichen; gefolgt von Soul-Food wie beispielsweise Fried Rice mit Cashew-Nüssen oder einer Laksa-Suppe. In letzteres Menü verliebte ich mich unsterblich. Uluwatu gefiel uns so gut, dass wir zwei Nächte länger blieben als ursprünglich angedacht. Der Vorteil des spontanen Reisens. 

Auf Uluwatu folgte ein kurzer Zwischenstopp in Canggu. Ich musste mein Handy reparieren. Und einige T-Shirts galt es zu ersetzen. Die Kleider leiden auf solch einer Reise und die Wäschereien versetzen so manchen von ihnen den Todesstoss. Montagmorgen um 9.50 Uhr meldet das Smartphone eine Whatsapp-Nachricht. Unser Auto für die nächsten 6 Tage wurde vor die Guesthouse-Tür geliefert. Der silberne Suzuki Jimny Katana stand abfahrbereit auf dem Parkplatz. Der Geländewagen mit Baujahr 2006 war noch kleiner als angenommen. Zwei Personen und unsere zwei grossen Taschen an Stelle der umgeklappten Rückbank; schon war kein Platz mehr im Fahrzeug. Die knapp 20-jährige wackelige Schaltung, die vielen Roller auf der Strasse und der Linksverkehr trieben mir einige Minuten lang einige Schweissperlen ins Gesicht. Doch mit jeder gemeisterten Kreuzung wurde ich mit dem Verkehr und dem Fahrzeug vertrauter. Andrea, anfangs mit grosser Skepsis gegenüber diesem Unterfangen, navigierte mich gekonnt aus Canggu heraus. Gemächlich, aber stetig fuhren wir Richtung Norden. Nach dem Mittagshalt am Pura Ulun Danu Bratan Tempel, 1'300 Meter höher gelegen als Canggu, setzte kräftiger Regen ein. Da die Passstrasse über keine Gullideckel verfügt, strömten uns die Wassermassen entgegen. Der kleine mit Allrad ausgestattete Geländewagen meistert die Herausforderung gekonnt. Und schon wenige Meter nach der Passhöhe lachte uns die Sonne wieder ins Gesicht. Wir sind im Norden von Bali angelangt. Noch einige unfassbare steile Strassenabschnitte galt es zu meistern; dann rollten wir auf den Parkplatz unserer Unterkunft. Nach der Energie-raubenden Fahrt nahmen wir ein langes Bad – mit Aussicht auf Palmen und Reisfelder. 

 

Die abenteuerliche Reise des Vortages steckte Andrea auch am zweiten Tag im Norden von Bali noch in den Knochen. Deshalb überliess sie es mir, den Spassfaktor der von Natur geschaffenen Wasserrutsche und die Klippensprünge nahe dem Aling-Aling-Wasserfall zu testen. Nun sehnte aber auch ich mich nach etwas Erholung. Wir gönnten uns eine Massage, genossen die Aussicht auf die grünen Reisfelder vor unserer Terrasse und liessen ein zweites Salzbad ein. Nach zwei Nächten in den Ausläufern des Gebirgszuges fuhren wir ans Meer in das Dorf namens Lovina. Dank dem deutlich geringeren Verkehrsaufkommen in Nord-Bali und keinen unüberwindbar-scheinenden Steigungen verlief die Fahrt reibungslos. Unsere Unterkunft für die nächsten zwei Nächte: ein wunderschönes kleines Guesthouse inklusive einer Bäckerei; geführt von einem Europäer. Zwei schmackhafte Sandwiches gekauft, schon ging es los zu den Wasserfällen von Sekumpul. Dafür organisierten wir einen Transport. Die engen Bergstrassen zu unserem Ziel gaben uns Recht. Während zwei Stunden begleitet uns ein Guide auf unserer Erkundungstour zum Sekumpul-Wasserfall. Der mit 80 Meter höchste Wasserfall von Bali stürzt mit ohrenbetäubendem Getöse zu Boden. Der ganze Talkessel ist voller Feuchtigkeit. Die Flora erstrahlt in sattem Grün. Der Anblick ist beeindruckend. 

 Am vierten Tag im Norden Balis läutete der Wecker bereits kurz nach 5 Uhr. Nach nur wenigen Minuten befanden wir uns bereits auf einem kleinen Boot. Das Meer in der Bucht von Lovina war glatt; keine einzige Welle weit und breit. Am Horizont machte sich die Sonne langsam bemerkbar. Mit dem Tagesanbruch erwachte auch das Tierreich. Wir waren mit unserem Bootsmann auf der Suche nach Delfinen. Lange suchten wir den Horizont nach ihnen ab. Zusammen mit einigen anderen Booten fanden wir tatsächlich eine Schule von Delfinen (Schule = Herde bei Delfinen). Die majestätisch wirkenden Tiere springen spielerisch aus dem Wasser. Und wir sichteten immer mehr Delfine. Gleichzeitig erhöhte sich aber auch die Anzahl Boote, welche ebenfalls nach den Tieren Ausschau hielten. Wir hatten zwar nie das Gefühl, dass die Tiere «gejagt» wurden, aber die Bootsführer hätten sich durchaus mit mehr Bedacht den Tieren nähern können. Die Delfine konnten sich trotz den Booten frei bewegen. Und dies taten sie auch. Nach wenigen Augenblicken abgetaucht, tauchten sie kurze Zeit später weit weg, und in entgegengesetzter Richtung, wieder auf. Die Tiere in freier Natur beobachten zu können, war atemberaubend. Wir hätten noch Stunden auf dem Meer damit verbringen können. Wir schipperten mit unserem Boot jedoch zu einem vor der Küste gelegenen Riff. Schnorchel und Brille aufgesetzt; und ab ins Wasser. Unzählige Fische begrüssten Andrea und mich mit einem interessierten und gleichzeitig etwas verdutzten Blick. Wir fühlten uns ab dem ersten Moment im Wasser wie in einem Aquarium. Die Anzahl an Fischen war überwältigend. Überall wo man hinschaute, entdeckten wir Fische in unzähligen Farben und Formen. Wir schnorchelten mit Fischschwärmen um die Wette und versuchten, mit ihnen zu interagieren. In freier Wildbahn flüchten Tiere in der Regel vor Menschen. Diese Fische gaben uns jedoch das Gefühl, ein Teil ihrer Gruppe zu sein. Ein unbeschreibliches Gefühl, welches wir an diesem Morgen erlebten. Voller Zufriedenheit und Glück stiegen wir auf das Boot zurück und fuhren an Land. Mit einem leckeren Frühstück, direkt aus der Guesthouse-eigenen Backstube, endete ein unvergesslicher Vormittag.

 

Die Begegnung mit den Delfinen löste solch positive Gefühle in uns aus, dass wir die Tiere nochmals in ihrer natürlichen Umgebung besuchen wollten. Wir fuhren am folgenden Morgen deshalb nochmals aufs Meer hinaus. Wir sahen noch mehr Delfine als am Vortag. Und da wir etwas später in die Bucht von Lovina fuhren, waren nur sehr wenige andere Boote unterwegs. Die Delfine erschienen uns unter diesen Umständen sehr entspannt. Sie sonnten sich teilweise nur wenige Meter vor uns an der Meeresoberfläche, bevor sie wieder untertauchten, um uns wenige Minuten später mit spektakulären Sprüngen aus dem Wasser zu begeistern. Die Delfine von Lovina werden uns unser Leben lang in Erinnerung bleiben. Es sind solche Momente, welche das Reisen unbezahlbar machen.

 

Nach dem zweiten Besuch bei den Delfinen ging es mit unserem kleinen Geländewagen zurück über die Berge in Richtung Süden. Kaum den Motor gestartet, verstarb dieser auch schon wieder. Einige Whatsapp-Nachrichten mit der Auto-Vermietung später, fanden wir eine Lösung, den Suzuki in Bewegung zu setzen. Andrea’s Vertrauen in das Fahrzeug stieg dadurch natürlich nicht. Doch wir schafften es über den Pass. Auch wenn – aufgrund viel Verkehr – nur sehr langsam. Die Berge begrüssten uns erneut mit Regenschauer. Also machten wir uns direkt auf in den Süden. Erstmals überhaupt erreichten wir dabei eine Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometer. So verging die Fahrt bis zu unserer Unterkunft wie im Flug. Wir schliefen für eine Nacht in einem Bambus-Haus mitten in den Reisfeldern. Und damit auch mitten in der Tierwelt. Lediglich unser Moskitonetz trennte uns von zahlreichen Insekten und Kleintieren. Geckos neben unserem Bett weckten uns regelmässig mit ihrem Geschrei. Ein wenig freuen wir uns auf unser ruhiges Schlafzimmer – zuhause, mitten in der Stadt Zürich.

 

Der Norden von Bali war ein Erlebnis; ein wunderschöner Kontrast zum südlichen Teil der Insel. Die Natur- und Tierwelt sind beeindruckend. Es war toll, diese Seite von Bali kennenzulernen. Ob man diese Reise mit einem 20-jährigen Geländewagen selbst machen sollte, kann unterschiedlich bewertet werden. Während sich Andrea kein solches Auto mehr ausleihen würde, verliebte ich mich in den kleinen Suzuki. Mit der Rückgabe an die Vermieter auf dem Parkplatz unserer Unterkunft in Canggu nahm die Liebesbeziehung zum Fahrzeug ein abruptes Ende. Zu unserem nächsten Erlebnis werden wir chauffiert.